Mitfahrgelegenheiten-Top-Two

Seit gut vier Jahren bin ich zufriedener Nutzer des Verkehrsmittels Mitfahrgelegenheit. Mein typischer Chauffeur ist ein Mann mit technischem oder kaufmännischem Beruf, der im Schwabenland Arbeit und an Rhein oder Ruhr familiäre Bindungen hat. Zweimal an denselben bin ich noch nie geraten. Meine typischen Mitfahrer sind wie ich in Studium oder Ausbildung. Die wenigsten so entstehenden Reisegesellschaften sind erinnernswert, zwei Erfahrungsschätzchen habe ich indes in den Jahren bewahrt.

Zweiter Platz: Eine Tagfahrt von Stuttgart nach Köln im Spätwinter. Sie war erinnerlich, weil bizarr. Hinten im Van saßen zwei Frauen mit Kopftuch, die sich nicht groß am Gespräch beteiligten. In der Mitte saßen neben mir zwei Badenerinnen, deren Ziel der rheinische Karneval war. Auf dem Fahrersitz saß ein seit Jahren in Deutschland studierender und arbeitender Chinese und neben ihm ein Stuttgarter BWL-Student mit großer Klappe. Die beiden kriegten sich leider darüber in die Wolle, ob es moralisch richtig sei, dass die VR China ausländische Unternehmen, die in China einen Standort eröffnen wollen, zuweilen zur Kooperation mit einheimischen Unternehmen zwinge. Der Chinese verteidigte oder leugnete diese Politik vehement (ich weiß nicht mehr, was), der deutsche BWLer sah hier wohl so etwas wie ein göttliches Gesetz verletzt. Jedenfalls wurden sie des lauthalsen Diskutierens die halbe Fahrt über nicht müde.

Erster Platz: Eine Nachtfahrt von Düsseldorf nach Stuttgart im Frühwinter. Sie war verrückt und dabei richtig angenehm. In Düsseldorf stieg ich zu einem sympathischen, etwas überdrehten Mann ins Auto, zusammen mit zwei Afrikanern, die untereinander unverständliches Französisch und mit uns unverständliches Englisch sprachen. Der Fahrer fuhr sehr sportlich, zunächst nach Köln, wo wir erst nach fast halbstündigem, die Laune nicht wirklich verschlechterndem Gegurke an einem Vorortbahnhof einen Jungen mit ganz leicht autistischem Wesen auflasen. Und das lohnte sich, denn er machte eine Ausbildung zum Orgelbauer und konnte uns – also den Saxofonen – die halbe Fahrt nach Stuttgart lang vom Bearbeiten verschiedener Materialien berichten, vom Erkennen von zu eliminierenden Schwebungen in Orgeltönen und von der Wichtigkeit, dafür sein Gehör zu schulen und zu schonen. Ein Sahnehäubchen auf der Interessanz dieser Fahrt war das Rasen unseres Fahrers, der für die Strecke Köln-Stuttgart kaum länger brauchte als der ICE, einen Stopp an einer Erdgastankstelle bei Montabaur mitgerechnet. Zu dieser Geschwindigkeit zeitweise brausende Orgelmusik von CD, dass das Erdgasauto wackelte, was vor allem der Fahrer total geil fand.

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