Archiv der Kategorie: Transrational

Verben steigern

Will man im Deutschen Verben steigern, muss man sich normalerweise mit umständlichen adverbialen Ergänzungen wie mehr, stärker, in höherem Maße, in stärkerem Maße usw. behelfen. Schlimmer noch, es ist nie so recht klar, welche dieser Konstruktionen in welchem Kontext passend ist. Es wird höchste Zeit für eine einheitliche Lösung. Bei der Gesellschaft zur Stärkung der Verben habe ich vor einiger Zeit eine vorgeschlagen, die ich jetzt einer breiteren anderen Öffentlichkeit vorstellen möchte.

Komparativ und Superlativ der Verben orientieren sich an denen der Adjektive. Am einfachsten geht das bei den Partizipien, weil die morphosyntaktisch Adjektiven stark ähneln:

  • Wohnte ich nicht in Berlin-Mitte, würde ich noch viel kritisierter.
  • Er hat sich umso bemühter, je positiver die Rückmeldungen waren.
  • Ich hätte dieses Kapitel strukturierter.
  • Marilyn Monroe gilt als die fotografierteste Frau der Welt. Von ihr wurde sogar am geträumtesten.
  • Das hat ihn getroffener, als er sich zuerst eingestehen wollte.
  • Wir erheben nur auf die Espressotassen Pfand, denn die werden geklauter als die Kaffeebecher.
  • Google-Nutzer werden seit März 2012 noch durchleuchteter.
  • Unter Internetfirmen herrscht ein erbitterter Kampf darüber, wer bei Google am gefundensten wird.
  • O. J. Simpson ist der „mutmaßlichste, freigesprochenste Doppelmörder des Jahrhunderts“ (Der Spiegel)
  • Das Rot in unserem Logo ist etwas gedeckter worden.
  • Es wäre dann zwar nicht strafbarer, aber es würde dir von den Leuten vorgeworfener.
  • Angela Merkel hat im Rededuell überzeugter als Martin Schulz.
  • In Bayern gibt es 15 gesetzliche Feiertage. Den Rest des Jahres wird dafür umso zugepackter.
  • Warum es die Schweiz noch verkackter hat als wir.

Von den Partizpien ist es dann nicht mehr weit zu den finiten Verbformen:

  • Per Mail oder per Skype? – Egal, was auch immer konvenierter.
  • Ehrlich gesagt konvenierst mir das Piratenpad.
  • Frierster du in dieser Jacke nicht noch als in der anderen? Frierstest du nicht sogar in ihr? Es ist doch deine dünnste! – Nein, in der dickeren frierer ich komischerweise.

Wort des Tages: Zwei-Komponenten-Tauschratte

Eine Tauschratte ist ein Nagetier, das Gegenstände mitnimmt und dafür manchmal andere hinterlässt.

Im übertragenen Sinne ist eine Tauschratte auch irgendjemand oder irgendetwas, der/die/das etwas wegnimmt und etwas anderes an dessen Stelle setzt.

Dieser Begriff ist z.B. auch dann anwendbar, wenn eine Person etwas wegnimmt und eine andere Person zeitnah etwas anderes an dieselbe Stelle setzt. Diese beiden Personen bilden dann eine Zwei-Komponenten-Tauschratte.

Lachdämonen

Danach, an wen uns der Klang unseres Lachens erinnert, wenn wir einen Witz hören, entscheiden wir, wem wir den Witz weitererzählen. Die Standarderklärung hierfür liefert das Dämonenmodell der Sozialisation von Klaus Zirki (1959). Hiernach ergreifen Menschen, mit denen wir sozialen Umgang pflegen, als Dämonen Besitz von Teilen unserer Persönlichkeit und kontrollieren in Widerstreit und Zusammenarbeit mit den Dämonen anderer Personen unseres Umfelds unser Verhalten. In der reinen Form von Zirkis Modell gibt es nicht einmal eine „eigene“ Persönlichkeit, vielmehr besteht sie komplett aus unterschiedlich starken Dämonen. In jedem Fall besteht unsere Reaktion auf Witze in dem Gelächter eines Dämons, das unter konvulsivischen Zuckungen unseren Körper packt. Wir hören genau, wessen Dämon da lacht, und wer den Witz demzufolge auch mögen wird. Dem erzählen wir ihn dann weiter.

Enzym

Lange Zeit dachte man, Spaß sei kein Ersatz für Glück. Dann entdeckte man, dass das nur ein Gendefekt war: Die meisten Menschen können das Enzym nicht produzieren, das das eine in das andere verwandelt.

Google Müllsuche

Wie wir alle wissen, ist es Googles größter Wunsch, das Wissen der Menschheit frei verfügbar zu machen. Die Buchsuche kann da erst der erste Schritt sein. Im kalifornischen Mountain View denkt man bereits weiter: Künftig will Google in den Ländern, in denen der Papiermüll getrennt wird, diesen vor der Wiederverwertung einscannen und online stellen. Schließlich stellen sich manchmal die Ideen, die von ihren Urhebern weggeworfen werden, als die besten heraus. Und Schriftstücke, die für den einen nicht mehr interessant sind, können für den anderen einen großen Wert haben. Projektleiter Dave Brick gibt sich visionär: „Die Art und Weise, wie Informationen und Ideen an die Öffentlichkeit geraten, wird sich grundlegend ändern. Wir stehen vor einem Durchbruch, was das Wissenspotenzial der Menschheit betrifft. Information wird nicht mehr einfach so weggeworfen werden können – stattdessen entscheidet sich an der Öffentlichkeit des Internets, was trägt und bleibt.“ Zu technischen Details wollte Brick sich nicht äußern. Bleibt zu hoffen, dass die Welt ihren Müll auch weiterhin so säuberlich trennt, dass Googles Scanner sich nicht daran verschlucken.

Sozialdarwin

Charles Robert Sozialdarwin (1812-1885), britischer Soziologe und Begründer der Theorie des so genannten Sozialdarwinismus. Er entwickelte das Konzept der Selektion anhand sozialer, ökonomischer und politischer Unterschiede zwischen Menschen. Um den Darwinismus zu verfechten, behaupten viele, Sozialdarwinismus habe mit diesem nichts zu tun. Das stimmt nicht. Charles Sozialdarwin war nämlich der kleine Bruder von Charles Darwin (es war damals noch üblich, Kindern verschiedene Nachnamen und gleiche Vornamen zu geben). Weil sein großer Bruder so ein toller Biologe war, bekam Charles Sozialdarwin Minderwertigkeitskomplexe, wurde fies und baute seine menschenfeindlichen Gedankengebäude. So war das.

Second hand shop

Second hand shops kamen im 19. Jahrhundert in London auf und verbreiteten sich von dort aus schnell über Europa. Sie wurden von Uhrmachern betrieben, die sich darauf spezialisiert hatten, den Uhren ihrer Kunden, die damals normalerweise nur Stunden- und Minutenzeiger hatten, mit Sekundenzeigern (second hands) nachzurüsten. Mit der aufkommenden serienmäßigen Anfertigung sekundengenauer Uhren starben die Second hand shops aus, und das Wort bezeichnet heute etwas ganz anderes.