Archiv der Kategorie: Groningen

Rootpiercer

Ein Besuch meiner Freund*innen aus der Tübinger Studienzeit in Groningen macht lokal Schlagzeilen. Es hat irgendetwas mit einer lustigen Nacht zu tun, die sie sich ohne mich gemacht haben. A. hat zu diesem Zweck ungefragt ein besonders großes, silberfarben verpacktes Kondom aus meinem Zimmer mitgenommen.

Die Geschichte geht in einer postapokalyptischen Welt weiter, deren bewohnbarer Teil eine unterirdische Megastruktur ist. Eine riesige ringförmige Höhle beherbergt eine weitere ringförmige Struktur, wie bei einem Teilchenbeschleuniger. Der innere Ring ist irgendwie organisch, aus Bäumen bestehend vielleicht, aber es sieht mehr nach Wurzelwerk aus, kahl und zottig und mit vielen Erdklumpen, die darin hängen. Die Querschnittsfläche ist yonisch: an den Seiten gewölbt, oben spitz. Sie ist etwa 8 m hoch und breit.

Die neu gestartete menschliche Zivilisation findet teilweise im äußeren Ring statt (es gibt künstliches Licht, Marktstände und Menschenmengen), teilweise im inneren (es gleicht einer Wanderung durch einen dunklen Wald) und teilweise (das ist wohl am sichersten) in einem Reisebus, der durch den inneren Ring fährt, wahrscheinlich ewig im Kreis wie bei Snowpiercer. Meine Spezis sind in dem Bus, ich schicke mich zu einer Waldwanderung an. Es ist noch unklar, wer schneller vorankommt.

Das Zerdreschen von Musikinstrumenten (4)

Manchmal stelle ich mir vor, wie ich eine Rakete in einen Glockenturm schieße und die Glocken ein letztes Mal KLÄNG machen. Es ist eine schöne Vorstellung. Während eines Meetings hat mich heute mal wieder das Glockenspiel im Turm des Hauptgebäudes der Universität Groningen schier wahnsinnig gemacht. Und das ist das wohlklingende der beiden Carillons in der Groninger Innenstadt. Es gibt da auch noch das in der Martinikirche, neben dem zu wohnen ich mir ungeschickterweise ausgesucht habe. Zwei- oder dreimal pro Woche greift der Stadtglockenspieler am Vormittag eine ganze Stunde lang in seine Tasten. Zudem wird es jeden Tag von früh bis spät viermal pro Stunde von einer Mechanik betätigt und spielt zu jeder Viertelstunde eine andere Melodie, beim frühmorgendlichen Erstspiel sogar alle vier hintereinander. Die Häufigkeit zeugt von großem Stolz aufseiten der Groninger und von Vertrauen in die Qualität der Darbietung, wie es weniger gerechtfertigt nicht sein könnte. Das Carillon klingt furchtbar blechern und für mein Gefühl ist keine der Glocken näher als einen Achtelton am intendierten. Vollends grotesk wird es bei starkem Wind, wenn nur noch ein stark verzerrter Experimentalhorrorfilmsoundtrack dabei herauskommt. Zerdrösche man das Carillon, würde Groningen in musikalischer Hinsicht auf einen Schlag fünfmal kultivierter.

Herrenboutiquen

Reine Herrenboutiquen haben es schwer. So folgte der Eröffnung der ersten Macho-Filiale in Tübingen vor ein paar Jahren auf dem Fuße die Erweiterung um einen Bereich namens Chica, der mittlerweile drei von vier Schaufenstern belegt. Und MEN_AT_WORK in Groningen hat seinem Schriftzug kleinlaut ein WO_ vorangestellt.