39,90 meets 1984

Ich lese gerade Victor Pelevins Generation P, in der englischen Übersetzung unter dem Titel Babylon. Der Eiserne Vorhang hat sich gelüftet, ein Schwarm von Neuen Russen fährt in dicken Autos durch die Großstädte Russlands und schafft sich jeder seine persönliche kleine Wirtschaftsblase. Babylen Tatarsky ist Werber. Sein Job ist es, diesen Glücksrittern Konzepte und Slogans zu verkaufen, bevor sie ihr Kapital verprasst haben und wegen ihrer Schulden von einer Mafia ermordet werden. Es ist potenziertes Blendertum und führt Tatarsky schließlich in das Herz einer Manipulationsmaschinerie, die viel umfassender ist als man es der Werbebranche und den Medien ansieht, selbst wenn man die ebenso genialen wie abgedrehten Theorien zur postmodernen Öffentlichkeit kennt, die Pelevin dem von Tatarsky im Rahmen seiner zahlreichen Drogen- und spirituellen Trips beschworenen Geist Che Guevaras in den Mund legt. Die Erzählung zeichnet eine pralle Parodie der postsowjetischen russischen Gesellschaft, die selbst dann begeistert, wenn man diese Gesellschaft nicht so gut kennt, gespickt mit trockenem Humor und herrlichen Kuriositäten. So kommen squat skyscrapers built with the low Soviet sky in mind vor und ein exzentrischer Funktionär, der seinem Hamster mit Hilfe von Sekundenkleber kleine Orden verleiht, wann immer er gute Laune hat. Sehr zu empfehlen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert