Ist Zsá Zsá Inci Bürkles Mutter etwa eine Milf?, fragt sich Max Goldt und bemerkt:
Ich werde das Wort „Milf“, welches akronymischen Charakters ist, hier übrigens nicht genauer erläutern. Dazu bin ich mir zu fein. (…) Am besten, man hat das Wort noch nie gehört. Sagt man nämlich auf einer Party, jedenfalls auf einer soliden Party zu einer Dame: „Sie sind die tollste Milf des ganzen Viertels!“, wird man mit einer klassischen Ohrfeige (…) zu rechnen haben. (…) Übrigens könnte keine Frau, auch die mopsfidelste nicht, von sich selber behaupten, sie wäre eine Milf. Milf und Filf kann man nur in den Augen anderer sein, (…)
Das meint er wohl deswegen, weil mother I’d love to fuck ein I enthält. I (ich) ist ein sogenannter deiktischer Ausdruck. Andere deiktische Ausdrücke sind z.B. du, der da, hier, jetzt. Ihre Bedeutung hängt von der Sprechsituation ab – davon, wo, wann, mit welchen zeigenden Gesten und – in diesem Fall vor allem – von wem sie geäußert werden.
Auf wen sich mother I’d love to fuck beziehen kann, hängt daher auch davon ab, wer diesen Ausdruck benutzt. Denn es möchte ja nicht ein jeder mit denselben Müttern dem Geschlechtlichen frönen: „She’s a mother I’d love to fuck“ – „Well, she’s not a mother I’d love to fuck.“
Ein deiktisches Element – hier ein Personalpronomen – zu enthalten, ist für feststehende Wendungen, wie mother I’d love to fuck eine geworden ist, höchst ungewöhnlich. Mit der Etablierung als Wendung einher ging das häufige Auftreten als Akronym (MILF) und die Wortwerdung: Milf. Die linguistisch interessante Frage ist, inwieweit bei diesem Prozess der deiktische Charakter des Ausdrucks tatsächlich erhalten bleibt.
„She’s a milf.“ – „Well, she’s not a milf.“ In dieser Unterhaltung ist das Wort milf tatsächlich deiktisch, aber sie wirkt nicht gerade natürlich. Sie ist ein Sprachspiel. Und nach dem, was ich über Sprache weiß und intuiere, sind das alle Diskurse, in denen milf deiktisch verwendet wird. Es ist mehr ein Witz als ein Wort, ein Insider für die, die wissen, was sich Ungehöriges hinter der hübschen Silbe verbirgt. Die Schöpfung des Wortes mylf ist eine weitere Runde in diesem Spiel.
Wo milf außerhalb von Sprachspielen benutzt wird, als ganz normales Wort, hat es eine nichtdeiktische Bedeutung angenommen. Wie Max Goldt selbst schreibt, bezieht es sich schlicht auf „attraktive Frauen im Mütteralter“, unabhängig davon, wer es benutzt. So könnte sich durchaus eine Frau selbst als Milf bezeichnen, selbst dann, wenn man von autoerotischen Fantasien als Erklärung absieht.
Während in jeder lebenden Sprache täglich neue Inhaltswörter (Substantive, Verben, Adjektive, Adverbien bzw. entsprechend) geschaffen werden und manche dieser Neologismen sich bald allgemeiner Verwendung erfreuen, ist es so gut wie unmöglich, neue Funktionswörter (Konjunktionen, Präpositionen, Pronomen…) zu etablieren. Ähnliches gilt wohl auch für deiktische Wörter. Ich finde, diese Erkenntnis ist ein interessanter Ausschnitt aus dem Bild „Wie Sprache funktioniert“.
Eine „Milf“, die von ihrer Qualitäten absolut überzeugt und nicht autoerotisch veranlagt ist, müsste sich wohl konsequenterweise als „Molf“ (Mother others like to fuck) bezeichnen.
And what about sylfs, asks Mr. Humbert!
Was ist ein/e Sylf (das Wort kennt nicht mal das Urban Dictionary) und wer ist Mr. Humbert?
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