Tugendterror

Die Ökospießer, so heißt es, schmücken sich zwar mit ökologischen Attributen wie penibler Mülltrennung, Biokost und Solardächern, wollen aber genau so wenig wie die anderen Spießer auf den luxuriösen Lebensstil verzichten, der das eigentliche Problem für die Umwelt und für die Gerechtigkeit zwischen den Völkern ist. An dem Vorwurf ist sicher viel dran, auch wenn das Bild vom Grünen-Wähler mit Porsche Cayenne nicht annähernd so typisch sein dürfte wie seine Beschwörer, darunter auch @prenzlbergmutti, glauben machen wollen. Aber was soll das Wort vom Tugendterror, das ich in letzter Zeit häufig lese? Kriegt man in grünen Vierteln etwa ausgeweidete Katzen an die Haustüre genagelt oder mit Blut an die Fenster geschrieben, wenn man bei Aldi einkauft oder Atomstrom bezieht? Oder ist das Wort in der Nachfolge von Gutmensch nur ein Schimpfwort für die blöden Nachbarn? Aus Groll daraus, dass die es wenigstens schaffen, ein bisschen ökologisch verträglicher zu leben, während man selbst immer noch fünfmal in der Woche Fleisch isst und viel fliegt?

Ein Gedanke zu „Tugendterror

  1. poet

    Ich weiß nicht, ob das Konzept „Tugendterror“ ein sinnvolles ist.

    Wohl aber weiß ich, dass Menschen, die fairtrade/local/organic einkaufen, weniger geneigt sind, sonst noch gute Taten zu vollbringen – offenbar beruhigt sich dabei das Gewissen so weit, dass der Drang zum Wiedergutmachen der eigenen Fehler verschwindet – da gab es mal eine Studie. Das legt nahe, dass ökologisch korrekte Menschen der Versuchung der Selbstgerechtigkeit und es Aburteilens weniger ökologisch korrekter Menschen durchaus leichter anheim fallen könnten.

    Auch „dass die es schaffen“ ist ein interessantes Stichwort. Um nämlich ethisch korrekt zu leben, muss man privilegiert genug sein, um sich das teurere Bio-Zeugs leisten zu können. Bei meinem noch relativ großzügig bemessenen Studenten-Budget ist Bio kaum drin, Hartz-IV-Empfänger können davon mit Sicherheit nur träumen. Man zahlt, habe ich das Gefühl, gerade in Deutschland auch ein bisschen für die Marke „bio/fairtrade/local/ethisch/ökologisch korrekt“, nicht nur für die höheren Produktionskosten, die diese Produkte zweifelsohne haben.

    Aldi hat übrigens ziemlich viele Bio-Produkte, und zwar sogar mit offiziellem Siegel – die kaufe ich dann nämlich, weil die immer noch halb so teuer sind wie Bioprodukte anderswo…

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