Dämmwahn

Neues vom Zeit-Abbestellen (aus Zeitgründen, nicht aus Zeit-Gründen): Die Zustellung hat bereits aufgehört, mein Zugang zum E-Paper ist aber noch nicht gesperrt. Eine gute Gelegenheit, an dieser Stelle nach bewährter Manier noch einmal auf den Schwachsinn der Woche hinzuweisen. Hanno Rauterberg polemisiert unter der Überschrift Schluss mit dem Dämmwahn! aus ästhetischen Gründen gegen die Dämmung von Häuserfassaden:

Verwundert werden die Menschen der Zukunft auf solche Merkwürdigkeiten blicken und sich fragen, was damals wohl los war in diesem Land, das sich ganz und gar einhüllte in die Vernunft technischer Errungenschaften, dafür aber alles Schöne calvinistisch verbarg. Das sich gern fugendicht abgeschlossen hätte, gegen Migranten und auch sonst gegen alles Unwägbare. Das sich selbst isolierte, um wettersicher den Stürmen der Zukunft trotzen zu können.

Bravo, munter drauflosschwadroniert und dabei zwei Sachen in einen Topf geworfen, die auf keiner, aber auch wirklich auf gar keiner Ebene irgendetwas miteinander zu tun haben: einerseits Xenophobie, andererseits eine Maßnahme gegen die Erderwärmung, deren Folgen auf alarmierende Weise gerade nicht unwägbar sind.

Es versetzt mir immer einen Stich, wenn jemand mit so einem Stuss eine Stelle in einem Essay verleimt, wo ihm kein besserer Anschluss zwischen zwei (akzeptablen) Teilen eingefallen ist. Aber wenn er es in einem Artikel tut, in dem er sich eine so wenig verantwortungsbewusste Meinung zum Klimaschutz leistet, macht es mich richtig wütend.

3 Gedanken zu „Dämmwahn

  1. David

    In Kanada, das wissen wir seit Michael Moores DWIMC (die Wahrheit der Aussage wurde mir von einer Kanadierin bestritten, von einem War-mal-in-Kanadier bestätigt; ist wahrscheinlich regional bedingt) gibt es keine abgeschlossenen Haustüren, weil es keine Waffen gibt. Der US-Amerikaner hingegen ist xenophob, er will keine Fremden im Haus, vor allem keine mit Shotguns, die auf kurze Entfernungen, wie sie im durchschnittlichen Haus üblich sind, und wir aus marktgängigen Filmen und Serien wissen, äußerst zerberstende Wirkung haben können.
    Nun erkennen wir durch logisch-semantische Analyse, daß die offene Haustür das Gegenteil der abgeschlossenen vorstellt; offene Haustüren sind bekanntlich klimaschädlich, weil die Hauswärme nach draußen geht und die Atmosphäre erhitzt. Die geschlossene Haustür ist somit vorzuziehen. Klimaschutz und Xenophobie sind mithin dasselbe, und die USA im Klimaschutz weiter als Kanada.
    Ich wußte das schon vor viereinhalb Jahren.

  2. Pingback: Hässlich | Texttheater

  3. Pingback: Warum „Tugendfuror“ Unwort des Jahres werden sollte | Texttheater

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert