Noch etwas Wichtiges: [Meine Töchter] müssen auch lernen, mit Langeweile umzugehen. Denn daraus entstehen oft die tollsten Ideen. Wenn es keine Langeweile mehr gibt, weil ständig Onlinespiele, Chatrooms und Clips zur Ablenkung bereitstehen, lähmt das die Kreativität. Zu erfahren, dass man aus sich selbst heraus die Leere eines Nachmittags füllen kann, ist ein tolles Erlebnis. Wer seinen Kindern dies verwehrt, indem er ihnen Dauerablenkung am Computer gestattet, der bringt sie letztlich um eine wichtige Selbsterfahrung.
Jörg Lau, Ich bleibe hart! (Artikel im aktuellen Zeit-Internet-Spezial)
Ich fand es schon immer zum Schießen, wenn Amateurpädagogen ein Verbot mit dem beliebig dehnbaren Universalargument rechtfertigen, einem Kind X zu gestatten, bedeute, ihm Y zu verwehren. Wie andere Menschen auch haben Kinder einen eigenen Willen. Wie bei anderen Menschen auch deckt sich dieser Willen bei Kindern nicht immer mit dem, was gut für sie selbst ist. Wie bei anderen Menschen auch ist es wohl manchmal – vielleicht häufiger – erforderlich, Kinder „zu späterem Glück zu zwingen“. Aber fast nur bei Kindern wird sprachlich in solchen amateurpädagogischen Auslassungen alleweil die Unterscheidung zwischen Wollen und Brauchen durch diese krude Unterscheidung zwischen Zu wollen glauben und Wirklich wollen ersetzt. Warum machen die das? Vielleicht wollen sie so die schwere Last der Verantwortung euphemisieren, die es mit sich bringt, jemanden „zu späterem Glück zu zwingen“. Das funktioniert ja nur sehr beschränkt und ist gefährlich, denn wer kann schon vorhersagen, was wirklich zu größerem Glück führt? Vernünftige Pädagogik braucht aber keine Euphemismen, um sich zu rechtfertigen. Sie steht dazu, wenn sie etwas verbietet, und sie tut es nur im Notfall. Um zum Beispiel zurückzukommen, wozu ein Internet-Verbot, das zum Unterlaufen und Verachten einlädt, wenn es die Möglichkeit gibt, seinen Töchtern die Wonnen unelektronischer Beschäftigung diplomatisch zu vermitteln, Zeitbeschränkungen fürs Internet zu vereinbaren und so weiter?
Das Pamphlet gibt es auch online: http://www.zeit.de/2008/19/I-Lernen-Kinder-im-Netz
Volle Zustimmung; und besonders erstaunlich finde ich, daß er sich des Problems, mit Verboten keine mündigen Nutzer heranziehen zu können, durchaus bewußt ist. Aber die Zeit, sich genau dafür einzusetzen, bleibt ihm wohl nicht, weil er sie vor dem Computer verbringt. M.E. ist es heute genauso sinnvoll, ein Totalverbot für das Internet auszusprechen, wie die Ansicht zu vertreten, Lesen lernen sei für Kinder noch nichts. Damit sie ihre Kindheit nicht in der Phantasiewelt eines Karl May wegblättern anstatt richtig zu spielen, mit Stöckchen und so. Ziemlich Lau… Und entschuldige den KaLAUer. Muß ins Bett.
> und besonders erstaunlich finde ich, daß er sich des Problems, mit Verboten keine
> mündigen Nutzer heranziehen zu können, durchaus bewußt ist.
Wie wahr – und dann fängt der nächste Absatz mit „Trotzdem“ an, als wäre das Problem gar keins.