Ring

Gutes über hervorragende Filme, Folge 3: Ring (Gore Verbinski, 2002). Auch dieser Film hat mich überrascht. Überrascht, dass es einen Horrorfilm gibt, der mich nicht zu Tode langweilt. Verzeihung, das ist nicht eben mein Genre, ich habe nicht viel und ansonsten fast nur Müll gesehen. Doch, warten Sie mal: Friedhof der Kuscheltiere war ganz gut – die Skorbut-Schwester im Dachgeschoss, das war wirklich gelungener Grusel. An Ring hat mir erstens die Idee gefallen: Ein Video ominöser Herkunft, das die Leute, die es sich ansehen, tötet. Das ist ja so etwas ähnliches wie ein „Todesspruch“, der sich in der Fantasy-Literatur findet: Wer ihn liest, ist verflucht und stirbt binnen Kurzem. Solche Sachen finde ich gruselig, weil ich neugierig und ein Fan von freiem Informationsfluss bin – schon Geheimhaltungsvorschriften und Digital Rights Management scheinen mir nicht ganz von dieser Welt zu sein, da ist ein Video, von dessen Inhalt man nicht Kenntnis erlangen kann, ohne eine Woche Todesangst zu investieren und sodann sein Leben zu geben, erst recht beängstigend.

Da die tödliche Wirkung fiktiv ist, unterliegt der Filmzuschauer nicht dieser Beschränkung und kann sich das verzerrte, rauschende Schwarzweißvideo ansehen, mit dem Hollywood die Idee umgesetzt hat. Und siehe da: Auch das Video selbst ist schön beklemmend in seiner Wirkung, ähnlich wie Un chien andalou: Eine surrealistische Bilderaneinanderreihung, die viel zu bedeuten scheint, aber man hat keine Ahnung, was. Atmosphärisch gruselt das Band, indem es dem Film alles antut, was die analoge Magnetoskopie vermag: Bild- und Tonrauschen, Flackern und verformte Bildteile, als zerrte das Bild an seiner Leine und wollte aus der Mattscheibe ausbrechen. Die Videokassette ist sowohl ein technischer Gegenstand als auch ein jenseitiges Artefakt, und beide Rollen vermengen sich. Zum Beispiel kann man den Fluch von sich nehmen, indem man das Band kopiert und einem anderen Unglücklichen zu sehen gibt. Und Rachel Keller entlockt dem Magnetband mit moderner Videotechnik (wo die Verzerrung justierbar ist) deutlichere Hinweise auf sein düsteres Geheimnis.

Auch die Angst der anfänglichen Protagonistinnen vor den Mattscheiben, die ein Eigenleben führen und schließlich den Tod bringen, gelingt dem Film trefflich auf den Zuschauer zu übertragen. So weit noch alles schön subtil für meinen Geschmack. Leider ist das Ende deutlich holzhammermäßiger – wo dann die arthritische Leiche mit ihrer Metal-Frisur aus dem Fernseher gekrochen kommt – konnte aber meine Begeisterung nicht vergällen.

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