Archiv der Kategorie: Sprache

Sick of Sickbashing

Dass Sprachblogger Anatol Stefanowitsch in seinem neuesten Beitrag mehrere Aussagen von Bastian Sick zitiert und ihnen ohne jede Kritik zustimmt, Sick aber trotzdem in eine Reihe mit den Sprachnörglern vom „Verein Deutsche Sprache“ stellt und ihn sogar als „Chefnörgler“ bezeichnet, als wäre das eine allgemein ausgemachte Tatsache, bringt bei mir ein Fass zum Überlaufen. Ich habe Sicks Kolumnen zur deutschen Sprache oft als langweilig, gekünstelt und uninformiert empfunden, jedoch nie als wertend oder gar präskriptiv. Meine Geduld mit der immer aufs Neue wiederholten und nie begründeten Abstempelung Sicks als Nörgler, Pedant, Schulmeister, Sprachbremse (Tippfehler bemerkt und stehengelassen) und Feind kreativen Sprachgebrauchs geht daher allmählich zu Ende.

Das Sick’sche Frühwerk ging aus seiner Tätigkeit als Korrektor bei Spiegel Online hervor. Gewisse Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler sowie sprachliche und stilistische Unsauberkeiten kamen bei den Redakteuren dort wohl häufiger vor, sodass Sick begann, Memos zu solchen Fehlerquellen zu verschicken. Niemand wird bestreiten wollen, dass es für ein Presseerzeugnis normal und zu begrüßen ist, dass eine „kontrollierte Sprache“ gepflegt wird, die leicht zu verstehen ist, mit Innovation geizt und sich ganz bestimmten stilistischen und grammatischen Konventionen unterwirft. Sicks Unterfangen war also dankenswert und seine Memos glänzten wohl durch zwei besondere Qualitäten: Erstens stellte er vorhandene sprachliche Normen und sprachgeschichtliche Zusammenhänge leicht verständlich dar, zweitens tat er das auf humorvolle, kreative, formenreiche Weise. Auf diese Weise ließen sich die Spiegel-Online-Mitarbeiter wohl so gern korrigieren, dass die Memos in Form der Kolumne Zwiebelfisch irgendwann das Licht der Öffentlichkeit erblickten.

Als Zwiebelfisch-Leser früher Stunden und mittlerweile studierter Linguist verstehe ich überhaupt nicht, wie Stefanowitsch und viele andere Stimmen, die ich so höre, zu der Einschätzung kommen, Sick sei ein Pedant und Verfechter unbedingt regelkonformen Sprachgebrauchs. Er verfasst ja keine Regelwerke wie Wolf Schneider oder erzürnte Pressemitteilungen wie der VDS, sondern Kolumnen, humorvolle und oft vor Ironie strotzende Kurztexte, die sich Fragen des Sprachgebrauchs von verschiedenen Seiten annehmen. Er klamüsert Zweifelsfälle auseinander, erklärt, was verwirrt und was Sprachkritiker stört und gibt sicherlich pointierte, aber selten unqualifiziert schulmeisterliche Empfehlungen ab. Wenn wirklich einmal abgehobene und alltagsuntaugliche Klugscheißerei den Inhalt einer Kolumne bestreiten soll, übernimmt die Figur „mein Freund Henry“, der in mehreren Kolumnen auftritt, diesen Part. Der Zwiebelfisch ist keine Doktrin, er ist Infotainment.

Dessen Qualität im Laufe der Jahre deutlich abgenommen hat, das muss man natürlich sagen. Dass Sick es nicht geschafft hat, den Witz und die thematische Relevanz seiner frühen Memos in einer regelmäßigen Kolumne zu bewahren, ist keine Schande. Schon etwas schändlicher ist es, dass er trotzdem nicht aufgehört hat und seinen ursprünglich unerwarteten kommerziellen Erfolg wohl auf Teufel komm raus möglichst vollständig ausschlachten will. So entstanden Privatfernsehmonstrositäten wie die „größte Deutschstunde der Welt“, Bühnenauftritte ohne Bühnentalent, Buchveröffentlichungen mit stetig nachlassender Qualität, gekünstelte Witzigkeit und verstohlener Ideenklau. Man vergleiche z.B. zwei Zwiebelfische zum Thema starke und schwache Verben, Die Sauna ist angeschalten von 2005 und Heute schon gekrischen? von 2008. Dasselbe Thema, in beiden Fällen zahlreiche gestorkene Verben von der Website der Gesellschaft zur Stärkung der Verben übernommen, nur in dem einen Fall mit Quellenangabe und in dem anderen Fall ohne, worüber wir uns erbosten. Zusätzlich ist der frühe Artikel informativ und man lernt was, im späten wird nur rumgeclownt und hingerotzt.

Sick ist also ein Fall für den freundschaftlichen Rat, es gut sein zu lassen, den Setzkasten zuzuklappen und sich journalistisch oder literarisch verdienstvolleren Tätigkeiten zuzuwenden als dem Fortschreiben einer überlebten Kolumne. Wer indes für einen vernunftgeleiteten Diskurs über Sprache in der Öffentlichkeit eintreten will, hat wenig Grund, ausgerechnet Sick zu bashen. Für die böse Fratze des Sprachnörglers bzw. den Heiligenschein des Sprachretters ist er lediglich Projektionsfläche.

Yo da standard fa me, baby

Mein Preis für Witz und sprachliche Kreativität geht in dieser Dekade an die österreichische Tageszeitung Der Standard, die ihrer Online-Ausgabe derStandard.at vor zehn Jahren eine Ausgabe mit Frauenthemen an die Seite gestellt hat. Ihr Name: dieStandard.at. Doch es wird noch besser. Im Februar 2010 ist eine weitere Variante gelauncht, mit Migrantenthemen, genannt daStandard.at. Offiziell ist das „da“ da das „da“ aus „Wir sind da.“ Aber man muss kein Schelm sein, um an einer Stelle, an die ein Artikel gehört, auch einen Artikel zu hören. Nur halt etwas krass-korrekter ausgesprochen.

Mittelhochdeutscheln und metzgern

Meinem humoristischen und meinem musikalischen Schatzkästlein habe ich vorstehend je eine Sammlung zu je zwei Elementen entnommen und hier vorgestellt, zuletzt ist nun mein literarisches Schatzkästlein an der Reihe. Ich bin ja ein Sprachgeek. Will ein Autor mich also komplett gefangennehmen, so schaffe er eine schöne verrückte Kunstsprache und verfasse sein Werk oder große Teile davon in ihr.

Thomas Mann hat das in Der Erwählte getan, der denn auch zu meinen absoluten Lieblingsromanen zählt. Er erschafft ein „sprachliches Mittelalter“, indem er seinem Neuhochdeutsch einen „mittelhochdeutschen Look“ verpasst und es mit allerlei ungewöhnlichem romanischem Sprachmaterial würzt. Carsten Bronsemas Doktorarbeit beschäftigt sich eingehend damit (und benutzt an einer Stelle das Verb zerpuzzeln, ich bin begeistert).

Meine nächste Lektüre wird Jonathan Safran Foers Everything Is Illuminated sein. Einer der beiden Erzähler, der junge Ukrainer Alex, schreibt laut Klappentext ein sublimely butchered English, und diese Formulierung ist so vielversprechend wie göttlich. Die Verfilmung hat mich in dieser Hinsicht, wie auch in jeder anderen, jedenfalls schon überzeugt. Ich bin gespannt.

Air Quotes

Anführungszeichen kann man nicht aussprechen. Das ist ein Problem, wenn man Texte mit Anführungszeichen vorliest. Bei Zitaten oder wörtlicher Rede nicht so sehr, da kann man sich die Anführungszeichen aus dem Kontext und der Stimmführung dazudenken. Werden Anführungszeichen aber verwendet, um sich von der benutzten Wortwahl zu distanzieren, um Unglauben oder Ironie auszudrücken, muss man sie irgendwie explizit wahrnehmbar machen. Seriös, aber dem Zuhörer auch leicht entgänglich ist es, vor den angeführten Worten eine hörbare Pause zu machen und sie dann etwas überbetont vorzulesen. So wird es z.B. bei ZEIT Audio gemacht. Max Goldt verwendet auf seinen Lesungen zuweilen die, höhö, Höhö-Methode, höhö, Sie verstehen. Hat man Blickkontakt zum Zuhörer und keine Angst vor dem etwas schlechten Image dieser Geste, wird man dagegen air quotes verwenden.

Bei air quotes hebt man beide Hände auf Kopfhöhe und zuckt – meist zweimal – mit Zeige- und Mittelfingern. Häufiger als beim Vorlesen kommen air quotes als Geste beim mündlichen Kommunizieren zum Einsatz. Über ihre schon recht lange Geschichte verrät die englische Wikipädie mehr.

Wie sollen air quotes eigentlich auf Deutsch heißen? Ich dachte erst an Entenfüßchen wegen Gänsefüßchen und weil sie oben in der Luft sind statt unten auf Papier und Enten ja gründeln – nur: Beim Gründeln bleiben die Füße im Gegensatz zum Bürzel unter Wasser, also stimmt das Bild leider nicht. Vorschläge willkommen.

Mein Schatzkästlein des Humors enthält eine bisher zweiteilige Materialsammlung zum dem Thema: einen Ruthe-Cartoon (Air quotes mit Hufen! Göttlich!) und ein Zitat aus der Simpsons-Folge, in der Bart mit einem Doppelgänger aus reichem Hause die Rollen tauscht:

Lisa: Mom, “Bart” has something to tell you.
Marge: I don’t like the look of those air quotes.

Wortschätzchen

Die Heuschnuppen fliegen creutzfeldein. Ein Schlagwortgewitter liegt in der Luft. Schneeglückchen im Streichelstress antichambrieren beim Fahrradhenker. In der Aggregorianik seines signalschwarzen Himmelsbonbons herrschen Schwermetallmusik und Tintenbarock. Im gefrierbeutelübergreifenden Schuldbewusstenersatzteillager nebenan hat ein Metagott die Indogermanesen zu Teebaumhaxe und Kalbsblütenhonig geladen und lässt zur allgemeinen interconvenience Witzcluedo spielen. Zwischen zwei an ihren Unfuguhren nestelnden Imponderabilienmaklern entspinnt sich eine anaptyktische, von Anglischismen nicht freie conversation nasale über das Bismarck-Zerebral, während die Lambdafantasten Räuchermilch trinken und ein Schafthäher starkes entertailment zwischen glamour grammar und Salzlichtfotografie nachweist. Über allem schwebt die Quadrupeltilde und ein sanfter Bonn-Bad Godesbeat.

Word of the Day: clabrevication

A blend of clarification and abbreviation. Describes the process of rewriting part of a text such that it becomes both more understandable and shorter, possibly even without losing information. Clabrevication is widely considered the supreme discipline of copy editing, although it has been argued that less depends on the editor’s skills than on the text being written in such a way to allow it.

Geistiger Diebstahl

Das Urheberrecht ist eine achtenswerte Sache, wiewohl ich glaube, dass die Welt auch ganz ohne es nicht unterginge. Plagiate sind böse, einverstanden. Man merke aber auch: Zitate sind keine Plagiate, sondern legitim. Und in der Literatur müssen Zitate nicht explizit gekennzeichnet sein, zumindest nicht im Text. Sie müssen nur erkennbar sein. Aber Erkennbarkeit hängt natürlich vom Leser ab, deswegen sind solche Zitate von Plagiaten im Zweifel schwer zu unterscheiden.

Der Fall Hegemann bewegt sich offensichtlich in einer Grauzone. Unter den Quellen, die in dem jetzt veröffentlichten sechsseitigen Verzeichnis aufgeführt sind, sind wahrscheinlich beide Sorten von Textübernahmen dabei. Weil es eine Grauzone ist, verstehe ich nicht, wie alle Welt so eindeutige Meinungen dazu haben kann. Eine eindeutige Meinung habe ich in dieser Sache mal wieder hauptsächlich über Leute, die Phrasen wie diese dreschen: „Geistiger Diebstahl ist und bleibt Diebstahl.“ Nein, ist er nicht.

Geistiger Diebstahl ist kein Diebstahl

Ein angeblicher Mörder ist nicht unbedingt ein Mörder. Ein elektrischer Straßenbahnschaffner ist nicht elektrisch. Ein kalter Hund ist kein Hund. Und geistiger Diebstahl ist kein Diebstahl. Ein Diebstahlopfer hat sein Eigentum nicht mehr, ein geistiges Diebstahlopfer sieht sich „nur“ in einem komplizierten Recht auf Selbstbestimmung über das Selbstverfasste verletzt.

Josef Joffe, der uns in der aktuellen Zeit mal wieder einen atemberaubenden Schrott zusammenschreibt, fängt insofern eigentlich ganz vielversprechend an: „Seitdem die Menschheit erzählt, »borgt« und »stiehlt« sie. Aber dann entstand die Idee des »geistigen Eigentums« und des »Plagiats«. (…) Vom 18. Jahrhundert an (…) waren Worte nicht mehr umsonst zu haben; sie gehörten dem Autor, und so entstanden Copyright und Urheberrecht.“

Wir lernen: Das Urheberrecht ist erst kürzlich entstanden, und „entstanden“ bedeutet natürlich: Es wurde von Menschen aus Gründen erfunden und durchgesetzt. Ohne auf diese Gründe irgendwie einzugehen, biegt Joffe, ganz Polemiker, schon im nächsten Satz umstandslos in die kategorische Verteidigung des Urheberrechts ein: „Den Chinesen werfen wir zu Recht das Raubkopieren vor – und Google das Scannen von Millionen von Büchern.“ Zu Recht? Zu welchem Recht?

Und jetzt kommt die entscheidende falsche Behauptung. Sie wird immer wieder gern gemacht, um über die Hintertür des allgemein verbreiteten Respekts vor dem Privateigentum auch die Akzeptanz des Urheberrechts zu steigern. Oder aus Dummheit nachgeplappert: „Worte sind Eigentum – wie Patente und Häuser.“ Nein, sind sie nicht.

Das Eigentum an einem Patent oder einem Haus besteht grob gesagt darin, dass es in den zuständigen Ämtern auf meinen Namen eingetragen ist. Die Tatsache einer solchen Eintragung kann man nicht wie Worte einfach kopieren. Es sind beim Diebstahl wie beim Schutz von Eigentum und geistigem Eigentum völlig verschiedene Vorgänge und Gesetze am Werk, und jeder tut gut daran, auch in seinem persönlichen Rechtsempfinden unterschiedliche Empörungen dafür zu reservieren.

Bei Joffe folgt nun eine Passage, die keinen allzu krassen Unsinn enthält, wenn man davon absieht, dass er Literaturkritikern Vorhaltungen dafür macht, dass sie die Causa unter literarischen Gesichtspunkten bewerten und nicht unter rechtlichen.

Fremde Federn

Was man Hegemann am ehesten vorwerfen kann, bezeichnet Joffe mit „verweislose Aneignung“ sehr gut, wobei ich den Aspekt der Aneignung entscheidend finde. Dass die Verweise fehlen, ist das eine. In der Wissenschaft sind Zitate ohne Verweis per Konvention und sinnvollerweise verboten. In der Kunst ist das nicht so, jedenfalls nicht für mein Kunstempfinden. Viele, die man heute als literarische Größen feiert, wären womöglich nie entdeckt worden, wenn sie so uncool gewesen wären, ihre Textquellen zu listen. Manchmal besteht der literarische Wert einer Übernahme ja auch darin, den Leser die Quelle selbst finden zu lassen. Stichwort Anspielung, Stichwort Verweis, Stichwort Insider, Stichwort soziale Dynamik innerhalb von geistigen Milieus, Stichwort Knuffen in die Seite. Ich benutze variierend auch andauernd Formulierungen, die ich von anderen habe, z.B. Max Goldt, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen. Schon der Übergang zwischen Inspiration und Textübernahme ist fließend. Auf der Ebene kurzer Textfragmente wie Sätzen, Idiomen oder Wörtern ist sogar der Übergang zwischen Textübernahme und ganz normalem Sprachwandel fließend.

Das alles ist eben keine Aneignung. Um statt „Aneignung“ eine Formulierung zu wählen, die ohne Eigentumsmetapher auskommt: Man schmückt sich nicht mit fremdem Federn. Man geht von einer Leserschaft aus, die die Fähigkeit hat, die Quellen zu erkennen, und schmückt sich im Falle von Zitaten nicht mit Worten, sondern mit deren Kenntnis. Nun kann man sagen, Hegemann hätte von keiner Leserschaft ausgehen dürfen, die Airens Blog kennt. Aber es ist nicht klar, ob sie wissen konnte, dass ihr Buch für ein paar Wochen außerhalb der entsprechenden Kreise deutlich bekannter sein würde als Airens Schriften.

Selbst einen Roman, der völlig aus Schnipseln fremder Werke besteht, würde ich nicht als Plagiat bezeichnen, wenn der Autor zwar das Gesamtwerk, nicht aber die einzelnen Schnipsel als seine eigenen ausgibt. Wenn er zu seinen Methoden steht. Es ist der Eindruck entstanden, dass Helene Hegemann nicht zu ihren Methoden stehen, dass sie sie verbergen wollte, bevor die Textübernahmen publik wurden. Wenn das stimmt, ist es wirklich ein Makel. So oder so ist sie mit der Situation nicht gut umgegangen, da stimme ich Joffe sogar mal zu: „Von der Autorin wünscht man sich ein Quantum an Zerknirschung oder, wie es früher hieß: »Wohlanständigkeit«.“

Worte sind kein Eigentum

Wendet sich Joffe nun also der menschlichen Seite zu und ist mit der Zurschaustellung verbreiteter mangelnder juristischer Intelligenz fertig? Leider nein, zwei Sätze später muss ich mir wieder schreiend aufs Hirn greifen: „Sie empfinde es nicht als »geklaut, weil ich ja das ganze Material in einen völlig anderen und eigenen Kontext eingebaut habe«. Ist der Vergaser nicht geklaut, wenn ich ihn in mein Auto einbaue?“ Tja… was soll man dazu noch sagen. Als ich zuletzt nachgeguckt habe, waren zumindest in meinem Exemplar von Strobo alle von Hegemann „geklauten“ Passagen noch vorhanden. Was ich von dem Vergaser, der mir letztes Jahr geklaut wurde, leider nicht behaupten kann. Danke, Herr Joffe, Sie haben gerade selbst demonstriert, wie unsinnig es ist, „geistiges Eigentum“ wörtlich zu interpretieren.

Doch Joffe lässt sich ja von niemandem belehren, auch nicht von sich selbst: „Warum dann zwischen geistigem und materiellem Eigentum unterscheiden? (…) Die Trennung lässt sich nicht durchhalten, nicht in einer Welt, in der die Leistung einer Wirtschaft nur noch zu zwanzig Prozent aus »Dingen« – Autos, Äpfeln, iPods – besteht. Die anderen achtzig Prozent im weitesten Sinne »geistiges Eigentum« sind, die Hauptwertschöpfer des 21. Jahrhunderts.“ Mich würde interessieren, woher er diese Zahlen hat und ob er, bevor er diese Tatsache auf dem Altar der Polemik opferte, wenigstens daran gedacht hat, dass die „zwanzig Prozent“ aus der Übertragung von Eigentum bestehen, die „achtzig Prozent“ hingegen ganz bestimmt ganz überwiegend aus der Gewährung von Nutzungsrechten an geistigem Material. Auch wenn ein Patent verkauft wird, wird nicht die Idee verkauft – die ist vor wie nach dem Kauf in beiden Köpfen – sondern ein exklusives Nutzungsrecht. Entsprechend lassen sich auch keine Worte besitzen, sondern höchstens das Recht, bestimmte Kombinationen von Worten in bestimmter Weise öffentlich zu verwenden. Wenn die Hauptwertschöpfer des 21. Jahrhunderts tatsächlich geistiger Natur sind, ist es umso wichtiger, den Unterschied zwischen Eigentumsrecht und Urheberrecht zu kennen.

Und andere Unterschiede auch, wie den zwischen Urheberrecht und Copyright, auf den ich hier jetzt mal nicht eingegangen bin.

Lieblingswörter (4)

Was bisher geschah: Schöne Wörter, Lieblingswörter, Lieblingswörter (2), Lieblingswörter (3).

Jetzt habe ich auch ein chinesisches Lieblingswort: 冰块 (bīngkuài, Eiswürfel). Das klingt ein bisschen wie pink-white und beschwört die Assoziation an eine hippe Bar in Hongkong, deren genialer und liebenswerter Besitzer mit Hilfe einer speziellen Maschine pinke und weiße Schlieren in die Eiswürfel für die Longdrink-Spezialität des Hauses hineinbetriebsgeheimnisst.

Wirr ist in seiner Monomorphemizität und leichten Obsoleszenz ein sehr witziges Adjektiv. Ich bezeichne damit gerne eine besondere Form der Textorganisation, die unerfahrene Schreiber anwenden, wenn sie eigentlich gar nicht wissen, was sie sagen wollen, und daher in zufälliger Reihenfolge Informationsbrocken hintereinanderkleben, bis die bestellte Zeichenzahl erreicht ist.

Fratze: Kultivierenswürdige Metapher für alles Hässliche, besonders alles Desillusionierende: „Frohen Mutes ging er an die Reparatur, doch die Komplexität der Rasenmähermechanik zeigte schon bald ihre Fratze.“

Wenn man ein deutsches Wort bei LEO eingibt und nur für seine drögen technischen Bedeutungen englische Übersetzungen findet, hat man es wahrscheinlich mit einem König unter den Wörtern zu tun. So einer ist Stoßrichtung. Es ist von einer dezenten und nützlichen Nebligkeit, in der Intention, Blickwinkel und eine geheime dritte Bedeutungskomponente tänzerisch um die Vorherrschaft balgen.

Wie bereits dargelegt verwende ich das Wort entfernen bevorzugt als Euphemismus für Akte äußerster physischer Brutalität. Als alltägliches Verb für den Einsatz gegen nutzlose Halbsätze, Flecken oder Codezeilen bietet sich das energische und gründliche tilgen an.

Das grazilste und schönste englische Wort, das mir in letzter Zeit untergekommen ist, ist microcircuitry.

Zum Schluss dieser Folge noch ein drolliges Wort für umfallende Welpen und ungeschickte Menschen: tapsig.

The Indefinite Determiner ‘this’

So this random guy walks up to my table, sits down and starts telling a story out of the blue. I have no idea what he is talking about or who he is referring to when he begins, “So this random guy walks up to my table, sits down and starts telling a story out of the blue. I have no idea what he is talking about or who he is referring to when he begins, “So this random guy walks up to my table, sits down and starts telling a story out of the blue. I have no idea what he is talking about or who he is referring to when he begins, “So this random guy walks up to my table, sits down and starts telling a story out of the blue. I have no idea what he is talking about or who he is referring to when he begins, “So this random guy walks up to my table, sits down and starts telling a story out of the blue. I have no idea what he is talking about or who he is referring to when he begins…