Liebe Fans der Facebook-Seite „Gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg“,
ihr seid zur Stunde 285.629 und mindestens sieben von euch kenne ich zumindest flüchtig persönlich. Einerseits erschreckt mich das, andererseits macht es mir Hoffnung, dass der sachliche Dialog möglich ist, den ihr fordert. Euren Kommentaren nach ärgert ihr euch über die Angriffe auf zu Guttenberg von Seiten der SPD, Grünen, der Linkspartei und anderen „Linken“ – aus eurer Sicht Versager, die mit dem Finger auf andere zeigen, sei es aus Neid oder um von eigenen Fehlern abzulenken.
Ich bin derzeit zutiefst empört über zu Guttenberg und seine Unterstützer und würde nahezu jede Kritik an ihm, die ich in den vergangenen Tagen auf Twitter, Zeit Online und Spiegel Online gelesen habe, unterschreiben. Ich passe aber nicht in euer Feindbild. Denn das sind die Fakten:
- Zu Guttenbergs Dissertation ist zu weiten Teilen abgeschrieben. Die Fakten lassen bei mir nicht den geringsten Zweifel daran, dass es nicht um ein paar falsch gesetzte Fußnoten geht, sondern um den bewussten und großangelegten Versuch, sich einen Doktortitel zu ergaunern.
- Zu Guttenberg hat zwar „Fehler“ zugegeben, es jedoch so formuliert, als wäre es ein Versehen gewesen. Betrogen zu haben, hat er nicht zugegeben.
Wäre er wenigstens jetzt, da die Wahrheit über seine Doktorarbeit ans Licht gekommen ist, ehrlich gewesen und hätte seinen Betrug beim Namen genannt und bereut, ich hätte nichts gegen seinen Verbleib im Amt gehabt. Ich bin beileibe nicht, wie ihr, dem bürgerlichen politischen Spektrum zuzurechnen, aber das heißt nicht, dass mir die Demontage bürgerlicher Politiker Freude bereitet. Er war mir bisher noch nicht mal unsympathisch, sein Charme ließ sich ja nicht bestreiten, er hat die Wehrpflicht abgeschafft und was die Bundeswehrskandale betrifft, verstehe ich nicht genug von Kriegs- oder Heeresführung, um die Angelegenheiten bewerten zu können (von wissenschaftlichem Arbeiten verstehe ich schon ein wenig, daher melde ich mich hier zu Wort). Aber jetzt hat er ein derart unehrliches Verhalten an den Tag gelegt, dass ich ihm keinen Finger breit mehr über den Weg trauen kann.
Obwohl ich kein Freund von Rücktrittsforderungen bin, denke ich daher, dass zu Guttenbergs politische Karriere bis zum Eintreten von Einsicht und öffentlicher Reue beendet gehört. Alles andere wäre die weitere Berlusconisierung Deutschlands.