Archiv der Kategorie: Leben

Besitztümer

Ein Text vom 2004-10-19:

Ich führe Zweckehen mit den meisten Gebrauchsgegenständen: Stifte, Kollegblöcke, Notizbücher, Computer, Digitalkamera, Discman, Tesa-Abroller… na ja, man merkt, was ich so brauche, kommt wesentlich aus dem Schreibwaren- oder technischen Bereich. Besonders ans Herz gewachsen sind mir die meisten Gegenstände nicht. Es wäre kein Problem, jeden dieser Gegenstände durch ein anderes Modell zu ersetzen.

Nur wenige Gebrauchsgegenstände liebe ich. Da sind zum Beispiel meine beiden Sonnenbrillen. Die erste habe ich schon seit Ewigkeiten. Sie hat kleine, ovale Gläser und sieht freakig aus. Ein schurkisches Grinsen passt ausgezeichnet zu ihr, und daher lege ich es auch immer auf, wenn irgendwelche Personen mich zum ersten Mal mit ihr sehen und Aufhebens darum machen. Mit Matrix hat die Sonnenbrille immerhin so viel zu tun, dass sie die ganze Welt düster-grün erscheinen lässt. Sehr chic.

Meine andere Sonnenbrille ist eine billige Supermarktplastikbrille. Sie orientiert sich eher am coolen, modernen Design der Generation Matrix/Neo. Was mich für sie einnimmt, ist vor allem die Erinnerung, die ich mit ihr verbinde: Ich kam gerade aus dem Multiplex-Kino Warner Village York (England) und hatte den ausgezeichneten Film „Equilibrium“ gesehen, der sehr zu Recht mit „Matrix meets 1984“ beworben wurde. Es kamen zwar keine Sonnenbrillen darin vor, Martial Arts jedoch aber hallo. Ich war total begeistert von dem spektakulären, am Rande des Abgrunds der Lächerlichkeit wandelnden Finale, in dem Protagonist John Preston mit seiner Gun-Kata die komplette Leibgarde des Diktators wegmäht, ohne selbst mehr als eine stylishe kleine Mundwinkelverletzung einzustecken.

Ich hatte aber auch leichte Kopfschmerzen und eine Busfahrt bis nach York-Acomb vor mir, mit waagerecht scheinender Wintersonne. Also marschierte ich in den nahen Tesco-Supermarkt und kaufte mir schnell eine Sonnenbrille. So war das damals.

Weitere Schoßkinder unter meinen Besitztümern sind meine acht AA-Akkus, die ich in Paaren für Digitalkamera und Discman verwende. Bei Saturn habe ich sie gekauft – ohne Kompromisse: Satte 1800 Milliamperestunden, vom Feinsten, grün und orange, in praktischen Transporttäschchen zu Vieren verpackt. Ich gehe pfleglich mit ihnen um. Nie ins Ladegerät, bevor sie leer sind. Nie wieder raus, bevor sie voll sind. Sie danken es mir, indem sie jedes Mal wieder vor Kraft und Saft strotzen und meine Geräte lange mit Strom versorgen.

Aus der Fassung

Es ist ein paar Jahre her, da war ich mit Malik im Kino, und rechts neben uns saß ein Mann, der an unserer Unterhaltung Freude hatte. Malik hatte sich, wie er das damals oft tat, ein radioaktiv blau (oder war es rot?) leuchtendes Eisgetränk gekauft. Ich durfte probieren und rang um Beherrschung angesichts des intensiv chemischen Geschmackes. Dann wurde ich nachdenklich. Zur Erklärung sagte ich: „Ich suche noch nach einer griffigen Metapher, die diesen Geschmack beschreibt… es ist nicht leicht, dieser Intensität mit Worten gerecht zu werden…“ Es kam zu einer weiteren Gesprächspause, und ich platzte heraus mit: „Dieser Geschmack dreht einem die Birne aus der Fassung!“ Woraufhin der Mann rechts neben mir losprustete. Das war peinlich, weil ich selbst daraufhin natürlich in ein Gabelbachergreut geriet. Aber schön war’s schon.

Die Erfindung des Wortes „Tenordidgeridoo“

In den letzten drei Monaten habe ich einen Anfängerkurs im Kendo belegt, einer Zweikampfsportart, die ihre Wurzeln im Schwertkampf der Samurai hat. So sieht es aus (allerdings nicht bei mir, ich habe noch keine Rüstung):

Kendo

Photo by tommrkr

Das Übungsschwert aus Bambus heißt Shinai, und natürlich gibt es spezielle Taschen dafür – schwarz, zum Umhängen, aus Kunststoff. Die Leute, die mich damit im Bus sehen, assoziieren das wahrscheinlich eher mit Musikinstrumenten. Aber welches Instrument ist so lang und dünn? Eine einzelne Orgelpfeife wäre von der Form her denkbar, ergäbe aber wenig Sinn. So sinnend kam ich heute auf „Tenordidgeridoo“.

Protokoll eines Scheiterns

Normalerweise bin ich darauf bedacht, Besitzern von Autos, die vornehmlich dazu zu dienen scheinen, Blicke auf sich zu ziehen, die dann als neidvoll interpretiert werden können, diesen Gefallen nicht zu tun. Als ich mir heute dennoch gerne durch das Betrachten eines quietschgelben Mercedes-Sportwagens Lustgewinn verschaffen wollte, beschloss ich, statt der Karosse zunächst einmal die Besitzerin zu fixieren und schnell wegzugucken, falls sie durch Gucken in die entsprechende Richtung von meinem Betrachten Wind zu kriegen drohen würde. Dieser Plan scheiterte auf der ganzen Linie an den dunkel getönten Scheiben des Autos, das, als ich die Umrisse der Fahrerin zu erahnen begann, schon praktisch vorüber war.

Im weiteren Sinne ironisch

Mit der nötigen Geistesabwesenheit hätte ich mich eben elektrokutieren können, nämlich, indem ich mit einem leitenden, spitzen Gegenstand das Pappschild „geprüfte Sicherheit“ aus der bereits eingesteckten neuen Mehrfachsteckdose gepult hätte.

Bücherborde

„What if I WAS just realphabetizing my bookshelf? Is that activity inherently INFERIOR to going on a date with someone?“ (Questionable Content).

Nein, aber einer anderen Tätigkeit ist sie durchaus von Natur aus unterlegen: Dem Spektralisieren des Bücherbordes! Ich pflege meine Bücher seit dem vorletzten Umzug (außer nach Größe) ausschließlich nach der Farbe des Buchrückens anzuordnen und muss sagen, dass das so am ästhetischsten ist. Man muss nicht streng dem Regenbogen folgen, denn es gibt ja auch jede Menge unbunter Buchrücken. Weiße zum Beispiel eignen sich vortrefflich als Übergang zwischen blau und gelb, auf der anderen Seite gelangt man von blau über blauschwarz, schwarz, grau und violett (man spricht ja auch von Schwarzlicht) nach rot und von rot über braun nach grün.

Spektralisiertes Bücherbord

Probleme, die sich von selbst lösen (1)

Wenn sich in einem Regal unter einem Bücherbord ein Schränkchen befindet, baumeln häufig Lesebändchen über die Bordkante, sodass sie theoretisch immer eingeklemmt werden müssten, wenn man das Schränkchen zumacht. Aber nein, denn wen man es nicht völlig schwunglos schließt, wird das Lesebändchen durch den Luftzug genau im rechten Moment nach oben gepustet und so vor Schaden bewahrt. Ist das nicht schön?