Archiv der Kategorie: Zitate

So bunt, so romantisch, so witzig

Ein mit erklärungsbedürftigen Wundern, Daseinsformen und Phänomenen um sich schmeißendes Buch wie Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär ist schwer zu adaptieren. Zu einer vor Jahren mal umraunten, bisher nicht in Sichten Filmfassung verriet Walter Moers die Parole „Alles außer Trickfilm!“ Von Malik habe ich die Überzeugung, dass Stop-Motion die ideale Technik wäre. Ich hoffe jedenfalls, dass das Projekt noch betrieben wird, und zwar von kompetenter Seite. Furchtbar misslungen ist ja das Musical, dass die Wunder Zamoniens auf ein visuell absolut unbeeindruckendes Kasperltheater zusammendampfte. Immerhin bleibt es durch einige musikalische Highlights positiv in Erinnerung, zum Beispiel durch die folgende Passage aus der Nummer Blau muss mein Geliebter sein. Man muss sie aber hören, gesungen, nein, geschrien von Fredda der Berghutze, um dem vollen Zauber zu verfallen.

Ist es auch komplementär,
mir gefällt Orange nicht sehr.
Mint, Rosé und auch das Pink
sind ganz sicher nicht mein Ding.
Gold und Silber oder Bronze
haben bei mir keine Chance
und du solltest dich verzieh’n,
wenn dein Ton ist Aubergine.
Mir vergeht der Appetit,
denk ich nur an Anthrazit.
Rosa, Lila und Oliv
macht mich richtig aggressiv.
Bist du grün, dann kann es sein,
hau ich dir die Zähne ein.
Ich mag Gelb nicht und kein Ocker,
Blau, nur Blau haut mich vom Hocker!

Und wo wir gerade bei lustigen Liebesliedtexten mit Farben sind, zitiere ich noch eine Strophe aus Stereo Totals Ich weiß nicht mehr genau:

Mein Gedächtnis hat Löcher.
Ich weiß nicht mehr genau:
Welche Farbe hatten seine Augen?
Ich glaub, die waren blau.
Waren sie blau, waren sie grün
oder waren sie grau?
Oder wechselten sie ständig
vom Wetter abhängig?

Sollte Ihnen der Text metrisch zweifelhaft erscheinen – Françoise Cactus singt mit französischem Akzent, die darf mit der Betonung machen, was sie will. Darin besteht ein nicht unwesentlicher Teil des Reizes bei Stereo Total…

Air Quotes

Anführungszeichen kann man nicht aussprechen. Das ist ein Problem, wenn man Texte mit Anführungszeichen vorliest. Bei Zitaten oder wörtlicher Rede nicht so sehr, da kann man sich die Anführungszeichen aus dem Kontext und der Stimmführung dazudenken. Werden Anführungszeichen aber verwendet, um sich von der benutzten Wortwahl zu distanzieren, um Unglauben oder Ironie auszudrücken, muss man sie irgendwie explizit wahrnehmbar machen. Seriös, aber dem Zuhörer auch leicht entgänglich ist es, vor den angeführten Worten eine hörbare Pause zu machen und sie dann etwas überbetont vorzulesen. So wird es z.B. bei ZEIT Audio gemacht. Max Goldt verwendet auf seinen Lesungen zuweilen die, höhö, Höhö-Methode, höhö, Sie verstehen. Hat man Blickkontakt zum Zuhörer und keine Angst vor dem etwas schlechten Image dieser Geste, wird man dagegen air quotes verwenden.

Bei air quotes hebt man beide Hände auf Kopfhöhe und zuckt – meist zweimal – mit Zeige- und Mittelfingern. Häufiger als beim Vorlesen kommen air quotes als Geste beim mündlichen Kommunizieren zum Einsatz. Über ihre schon recht lange Geschichte verrät die englische Wikipädie mehr.

Wie sollen air quotes eigentlich auf Deutsch heißen? Ich dachte erst an Entenfüßchen wegen Gänsefüßchen und weil sie oben in der Luft sind statt unten auf Papier und Enten ja gründeln – nur: Beim Gründeln bleiben die Füße im Gegensatz zum Bürzel unter Wasser, also stimmt das Bild leider nicht. Vorschläge willkommen.

Mein Schatzkästlein des Humors enthält eine bisher zweiteilige Materialsammlung zum dem Thema: einen Ruthe-Cartoon (Air quotes mit Hufen! Göttlich!) und ein Zitat aus der Simpsons-Folge, in der Bart mit einem Doppelgänger aus reichem Hause die Rollen tauscht:

Lisa: Mom, “Bart” has something to tell you.
Marge: I don’t like the look of those air quotes.

Was ich immer sage (2)

Was bisher geschah: Was ich immer sage.

  1. Da hat die Evolution sich schon was bei gedacht.
  2. Gut, dass wir darüber gesprochen haben.
  3. Das üben wir noch mal.
  4. Das verstehe ich nicht.
  5. Ich habe gefehlt. Verzeih.
  6. Ich benötige ein Schneidwerkzeug.
  7. Schlecht.
  8. Das scheint auf den ersten Blick keinen Sinn zu ergeben – und, in der Tat, es ergibt auch keinen Sinn.
  9. Good luck with that.
  10. Wäre vielleicht mal ne Maßnahme.
  11. (wenn ich auf eine sehr einfache und naheliegende Lösung gekommen bin) Manchmal erschrecke ich vor meiner eigenen Genialität.
  12. (als Standardantwort auf „Entschuldige die Unordnung“) Welche Unordnung?
  13. (wenn jemand etwas offensichtlich sehr Sinnloses oder Schädliches tut) Das ist ein interessanter Ansatz.
  14. (zu nicht funktionierenden Geräten) Stirb!
  15. (zu nicht funktionierenden Geräten) Mach dich nicht lächerlich.
  16. (wenn was anbrennt oder kaputtgeht oder so) Ein klares Zeichen für den moralischen Verfall.
  17. Was für’n Ding?
  18. Steile These.
  19. Bis man erst mal die ganzen Feinheiten rafft!
  20. Ich werde das demnächst erledigen, wenn mir niemand zuvorkommt.
  21. Du bist deiner Zeit voraus.
  22. Was macht die Kunst?
  23. Es gibt Dinge, ohne deren Kenntnis man ein unbekümmerteres Dasein fristet.
  24. Das wirst du aber nicht schaffen, kleiner Elefant. Pass mal auf, ich mampf dich.
  25. Et tu…
  26. Must we all wait behind this bush? I have theater tickets!
  27. Wird erledigt.
  28. Das ist ja praktisch.
  29. Ich bin begeistert.
  30. Mit einer selbstgebauten Flockenquetsche selbstgequetschte Haferflocken schmecken auch viel besser als mit einer fertig gekauften Flockenquetsche selbstgequetschte Haferflocken.

Übernommen vom Volksmund (2, 3, 9, 10, 22), dem Terminator (6), den Wise Guys (8), hirnlego (16), Didi und Stulle (19), Walter Moers (23), Vattern (24), Cäsar (25), Tingeltangel Mel (26) und Max Goldt (30).

Fünf hübsche Zitate aus Internetdiskussionen mit christlichen Fundamentalisten

Puzzler: Dein Problem ist, dass du mit dem Wertesystem eines obskuren, jahrtausendealten Wüstengottes und einer Schwarte, die so sehr aus einem Guss ist wie ein Patchwork-Teppich mit Franseln dran, auf die heutige Welt loswillst.

Ungewinster: Sag mal, Paulus777, kann es sein, dass du dir die Augen mit UHU zugeklebt hast?

Ungewinster: Zu deinem sicherlich mit Bedacht und unglaublich großem Hintergrundwissen gewählten Terminus „blöd“ werde ich mich nicht weiter äußern.

Paulus777: Doch, Hexerei funktioniert und ist ultragefährlich! Man mobilisiert dadurch die übelsten Dämonen!

tierchen: geht gott eigentlich auf, wenn man ihn mit hefeteig vermischt?
DasWort: SOLCH EINE LÄSTERUNG! SOLCH EINE SCHWEINEREI!

Was heißt schon „Sinn machen“?

In einem politikwissenschaftlichen Text von Lothar Brock heißt es: „Häufig ist auch von supranationalen Organisationen die Rede. Wenn diese Bezeichnung einen Sinn machen soll, bezieht sie sich auf internationale Einrichtungen, die gegenüber den Staaten weisungsberechtigt sind.“ Hier ergänzte Malik einst ganz richtig: „Wenn sie keinen Sinn machen soll, bezieht sie sich auf Betriebe zur Aufzucht und Pflege von Goldhamstern.“

Typisch

Anlässlich der deutschen Antisemitismusdebatte von 2002 ließ ich damals meinen Privatsekretär den Aphorismus „Typisch antisemitisch, den Vorwurf des Antisemitismus als Ausdruck von Antisemitismus aufzufassen!“ in Stein meißeln.

Über JavaScript

Ein Nachteil von HTTP/HTML-basierten Webanwendungen ist, dass nach jeder Aktion des Benutzers eine komplette HTML-Seite neu geladen werden muss. Die Übertragung über das Netzwerk, das erneute Parsen und Rendern der Seite durch den Browser, all das braucht relativ viel Zeit. JavaScript schafft Abhilfe: Skripts können im Hintergrund mit dem Server kommunizieren und gleichzeitig die im Browser angezeigte Seite modifizieren. Das heißt dann Ajax. Alternativ kann man JavaScript so clever einsetzen wie die OpenNetworX-Plattform: Dann werden nach jeder Aktion zusätzlich zum Übertragen, Parsen und Rendern einer kompletten HTML-Seite noch zigtausend Codezeilen ausgeführt, die für ein paar Sekunden den Browser einfrieren.

(Naja. Nicht nach jeder Aktion. Aber z.B. wenn man einen Link in einem neuen Tab öffnet, was bei mir häufig vorkommt. Schade, damit ist die Plattform, eine sehr gute Idee eigentlich, für mich derzeit unbenutzbar. Bugreport ist eingereicht.)

Bei vielen Techniken ist es so, dass sie in den richtigen Händen das Leben besser machen und dem Benutzer echten Mehrwert bieten, in den falschen Händen jedoch ausschließlich Nachteile, Leid und Kummer erzeugen. Bei JavaScript ist dieser Kontrast besonders ausgeprägt. Das wurde auch schon früher so gesehen, als Ajax noch ein Reinigungsmittel war und niemand daran dachte, ganze Webanwendungen auf JavaScript zu basieren:

Doch leider gibt es andere gute Gründe, die nicht wenige Anwender dazu veranlassen, JavaScript in ihrem Browser abzuschalten. Dazu gehören vor allem die „Nervereien“ mancher Programmierhelden, die meinen, eine Web-Seite sei um so toller, je mehr sie den Anwender gängelt. Da wird dann beispielsweise mit JavaScript die Unterstützung der rechten Maustaste abgewürgt, der Anwender kann die aufgerufene Seite nicht mehr verlassen und allerlei mehr. Solche Hirngeburten kontrollgeiler Programmierer sind das eigentliche Übel und der Grund, warum JavaScript nicht bei allen Anwendern beliebt ist. Wer JavaScript einsetzt, sollte sich darüber im klaren sein und die Möglichkeiten der Sprache so einsetzen, dass der Anwender einen Mehrwert davon hat, und nicht so, dass ihm etwas genommen wird.

aus: Stefan Münz, SELFHTML

Diese Passage finde ich großartig – nicht nur, weil ihr so uneingeschränkt zuzustimmen ist, sondern auch, weil der Autor mühsam beherrscht zwischen seinem üblichen trockenen Lehrbuchstil und einer wütenden Tirade mäandert.

Was ich finde

  1. Ich verehre Lisa Simpson dafür, dass sie sich eine Zeichentricksendung anschaut, in der eine Katze mit Säure verätzt und überfahren wird, sich vor Lachen ausschüttet und anschließend ihren bedrückten Bruder fragt: „Bart, du lachst ja gar nicht! Zu subtil?“
  2. Menschen, die verschnupften Sarkasmus für Humor halten, sprechen manchmal nuschelig, weil sie vor lauter falsch verstandener „Ironie“ und „Schelmenhaftigkeit“ die Zungenspitze nicht mehr aus der Backentasche kriegen. Bei schriftlicher Kommunikation entspricht dieser Nuscheligkeit ein unheimlich verkrampftes Vermengen von Ernst und Ironie, Andeutungen und nebulösen Formulierungen.
  3. Die Zeit t, die es braucht, einen Text von einer gegebenen Qualität q zu verfassen, ist proportional zum Quadrat der Anzahl der engagiert mitwirkenden Personen n.
  4. Die Intensität i der Entrüstung, die ein Fehler legitimerweise erregen darf, ist proportional zu dem Produkt aus seiner Schlimmheit s und seiner Eindeutigkeit e.
  5. „Keine Heuchelei auf meiner Beerdigung!“, kann man ja verfügen. Aber was bringt’s? Es führt bestenfalls zu einer Meta-Heuchelei.
  6. Ein Buch muss einen interessanten Inhalt haben. Das Thema ist dann drittrangig. Erstrangig ist die Gestaltung des Umschlages!
  7. Eine Liste kann Ausreißer verkraften, das steigert u.a. ihren humoristischen Wert. Sammeln sich aber zu viele ähnliche Ausreißer an, muss eine neue Liste her.
  8. Ich beklage bei der Menschheit einen mangelhaften Sinn für genaue Wortlaute. Da wird einem vom Munde weg alles zerzitiert, zergröbert, zersext und zersponnen.

Was ich gerne mal gesagt hätte

  1. „Zitierfehler“? Was soll der Unsinn? Selbstverständlich ist es zulässig, die Flektionsformen in der Vorlage vorkommender Wörter dem eigenen grammatischen Zusammenhang anzupassen. Zitate in den Satz einzubinden, aber buchstabengetreu unverändert übernommen, wäre eine zweckfreie formale Überhöhung. Da können Sie auch gleich das Abfassen unserer Aufsätze in Palindromform verlangen.
  2. Ich habe nicht gesagt, dass du nicht neurotisch bist. Ich habe nur gesagt, dass ich nicht gesagt habe, dass du neurotisch bist.
  3. …Stasi-2.0-Anwendungen aus Toms Teufelsküche…
  4. Moooment, ich teile das Handout jetzt noch nicht aus, sonst merkt ihr ja, dass es mit dem Manuskript identisch ist.
  5. Das Sich-selbst-nicht-zuerst-Nennen ist eine ultraöde Problembeschaffungskonvention, auf die ich ja wohl nicht auch noch im engen Textfeld eines Chats achten muss. Gell?
  6. Die deutsche Sprache betrachte ich als mein persönliches Haustier. Wer sie misshandelt, auf den hetze ich sie.
  7. Im Lexikon unter „Geschenke, persönliche“ nachgeguckt.
  8. I don’t need coffee, I have humiliating conductors for that.
  9. Ach, der Herr hat Meinungen.